Die Kunst des Krieges (Kommentiert von Gitta Peyn) by Gitta Peyn, Sun Tzu

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Klappentext: „Kein Werk über die Kriegskunst ist so berühmt wie dieses, keines so alt und keines so voller Weisheit. Das Faszinierende an Sun Tzus ‚Die Kunst des Krieges‘ ist seine einfach Übertragbarkeit auf Situationen des Alltags. Manager überall auf der Welt haben längst die Aussagekraft der einfachen Weisheiten Sun Tzus für ihren Erfolg schätzen und nutzen gelernt. Da die Welt der Menschen immer komplexer wird, brauchen wir einfache Handlungsanweisungen, die es uns ermöglichen, nicht nur in ihr zu überleben sondern dabei auch erfolgreich und glücklich zu sein. Gitta Peyn hat die Weisheiten Sun Tzus alf alltägliche Situationen übertragen und beschreibt in Ergänzung der alten Überlieferungen der Chinesen praktische Anwendungen hinsichtlich der sich aus ihr ergebenden Möglichkeiten für die persönliche Weiterentwicklung. Die Gegenüberstellung des vollständigen originalen, alten Textes mit gänzlich neuen Übertragungsansätzen verschafft ein erfrischendes Leseerlebnis, das den Leser direkt in ein neues Bewusstseinsabenteuer katapultiert“.

Vorweg: Ich werde Sun Tzus Text in einer eigenständigen Rezension behandeln. Hier soll es primär um die Kommentierung von Gitta Peyn gehen. Der Vollständigkeit halber soll noch darauf hingewiesen werden, dass es sich bei Sun Tzus bzw. Sun Tzis „Kust des Krieges“ um eines der sogenannten „sieben Militärklassiker“ aus der der Song-Zeit handelt. Der Basistext ist daher ca. zweieinhalb Jahrtausende alt und beinhaltet Kriegsstrategien und Militärtaktiken. Trotz der zuletzt immer stärker werdenden Rezeption in Wirtschaft und Politik und der damit einhergehenden Romatisierung, handelt es sich schlicht und ergreifend um ein Handbuch der Kriegsführung.

Vor einigen Wochen hatte ich das Vergnüngen, Gitta Peyns Komentar zu Schopenhauers „Die Kunst zu Überzeugen“ zu rezensieren. Nun soll im Folgenden ihr Kommentar zu Sun Tzus berühmten Werk „Die Kunst des Krieges“ besprochen werden. Ersteres hat mich mehr überzeugt als letzteres, was allerdings weniger an Gitta Peyns Leistung, als eher mit meiner subjektiven Einstellung dem Basisthema gegenüber zu tun hat.

Zunächst zum Grundlegenden: Peyns Werk ist, wie man es von ihr gewohnt ist, gut strukturiert und äußerst lesenswert. Ihr Vorwort ist kurz, prägnant und überzeugend. Dem Vorwort ist zu entnehmen, dass sie selbst die Übersetzung/Übertragung des Basistextes vorgenommen hat, was ich an dieser Stelle zum Anlass nehme, um meinen tiefesten Respekt vor diesem gelungenen Vorhaben auszudrücken. Nach dem Vorwort folgt der Basistext, welcher mit Hilfe von Fußnoten auskommentiert wird. Es ist besonders hervorzuheben, dass sie den Text bereits im Vorwort entromantisiert. Sie schreibt dazu: „Es geht gemeinhin das Gerücht, die Abhandlung des Sun Tzu ‚Über die Kunst des Krieges‘ sei besser und vorzüglicher psychologisch zu interpretieren. Tatsächlich aber handelt es sich in ihr um einen Ratgeber zur Kriegsführung, um ein Werk militärischer Regeln und Richtlinien. Ein rein psychologischer Versuch der Interpretation, liefe Gefahr das Thema zu verharmlosen“. Einige Rezipienten Sun Tzus würden gut daran tun, diesen Hinweis zur Basis ihrer Reflektion über den Text zu machen.

Die Kommentierung selbst entspricht nur partiell meinem Geschmack. Das Wort „Geschmack“ ist dabei ganz bewusst gewählt, da ich mir persönlich nicht anmaße, ihre wissenschaftliche Arbeit ihnaltlich zu beurteilen.

Erstens fokussiert sie ihren Kommentar auf den inneren Kampf gegen sich selbst. Das ist natürlich eine legitime Perspektive, allerdings nur eine von vielen. Es wäre meines Erachtens notwendig gewesen, diese Ausrichtung explizit in den Titel aufzunehmen, damit der Leser weiß, was ihn erwartet.

Zweitens interpretiert sie in einige Textpassagen Inhate hinein, die zumindest ich in dieser Art im Basistext nicht erkennen kann. Im umgekehrten Falle werden andere Textpassagen, welche ich persönlich für Schlüsselstellen des Werkes halten würde, unkommentiert belassen. Nun ist Gitta Peyn unbestritten die weitaus größere Kennerin des Chinesischen Basistextes als ich. Zudem werden einige fernöstliche Weisheiten und kulturelle Aspekte demjenigen verborgen bleiben, welcher diese nicht bereits mit der Muttermilch aufsaugen konnte. Dennoch verleitet mich meine mittlerweile jahrzehntelange Beschäftigung mit den asiatischen Kulturen zur Annahme, dass die Bedeutung einiger Passagen in Sun Tzus Werk womöglich anders hätten interpretiert werden können. So schreibt sie zwar im Vorwort, dass Sun Tzu scharf und direkt erkenne, dass die beste Form der Kriegsführung die des Vermeidens des Krieges sei, lässt jedoch in weiterer Folge eine der zentralsten Schlüsselstellen dazu, nämlich dass die Kunst darin bestehe, den Wiederstand des Feindes ohne Kämpfen zu brechen, unkommentiert (S 26, 27). Fairneshalber muss an dieser Stelle gesagt werden, dass sie darauf bereits im Vorwort verweist: “ Ich habe den Absätzen Sun Tzu’s, die mir deutlich psychologische Analogien anboten, in Fußnoten entsprechende Kommentar begefügt. So kann man den Reintext des alten Philosophen lesen, ohne durch neuzeitliche Deutungen gestört zu werden, und dann psychologische Entsprechungen und Erkenntnisse erwägen. Meine Kommentare sind keinesfalls als Texterklärung zu verstehen, mein Interesse liegt viel mehr darin, parallel zum Text korrespondierende, ergänzende und erweiternde Denk- und Handlungsanregungen zu bieten“. Das ist natürlich legitim und für manch einen wünschenswert. Allerdings hätte man darauf, wenn schon nicht im Titel, dann wenigstens per Klappentext, wesentlich dezidierter hinweisen können. Auch hierin besteht die Gefahr, dass sich der interessierte Leser einen Kommentar zu Sun Tzus Basistext verspricht, jedoch etwas gänzlich anderes erhält.

Die einzige echte Kritik am Werk Gitta Peyns besteht darin, dass der interessierte Leser mit dem Erwerb dieses Buches nicht das erhalten könnte, was er sich auf Grund der flüchtigen Durchsicht von Titel und Klappentext vielleicht erwarten würde. So ging es zumindest mir. Abgesehen davon ist dieses Buch, wie wir es von Gitta Peyn gewohnt sind, exzellent. Die von mir ins Spiel gebrachte Kritik genügt nicht für eine Abwertung auf drei Sterne. Das wäre in Anbetracht der wissenschaftlich fundierten Arbeit von Gitta Peyn und in Anbetracht vieler mittelmäßig bis schlechter Werke anderer AutorInnen zum selben Thema schlichtweg unfair. Dass es keine fünf Sterne werden hat damit zu tun, dass Gitta Peyns Kommentare nur für eine spezifische Lesergruppe geeignet sind und schlicht damit, dass Sun Tzus Werk zwar zum Standardwerk eines jeden Trainers gehören sollte, meines Erachtens aber dennoch nicht überbewertet werden sollte.

Fazit: All diejenigen, die an einer gelungenen Übertragung Sun Tzus „Die Kunst des Krieges“ und an interpretativen Kommentaren des Texts in Beug auf den persönlichen Kampf gegen sich selbst und die eigenen Psyche interessiert sind, machen mit dem Kauf dieses Buches nichts falsch. Es ist wissenschaftlich fundiert und äußerst lesenswert. Wer sich einen vollständig auskommentierten Basistext wünscht, muss auf alternative Literatur zurückgreifen, sofern es eine solche in deutscher Sprache überhaupt gibt. Wer Titel und Klappentext nur flüchtig liest, könnte diesen Umstand übersehen und glauben, einen vollständigen Textkommentar zu erhalten.


Genre: Fachbuch, Standardwerk, Wissenschaftliches Werk
Subjects: Asiatische Philosophie, Kriegsstrategie, Psychologie

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